Montag, 13. November 2017

Von der Hölle in den Himmel

Mit dem Nachtbus habe ich Kochin heute verlassen.  Eine Matratze war für mich bereitgestellt, keine Decke, kein Kissen der Bus voller Inder. Kritische Blicke um mich herum, aber ich bin so müde, dass ich den Vorhang zu ziehe und ich sofort einschlafe. Um 6 Uhr morgens wache ich in Madurai auf, die Stadt in der der bekannte bunte Meenakshi Temple steht, wegen dem ich hier bin. Das Haus der dreibrüstigen,  Krieger Göttin Meenakshi, gilt als der Gipfel der südindischen Tempelarchitektur und ist für das ästhetische Erbe dieser Region ebenso bedeutend wie der Taj Mahal für Nordindien. Es ist eigentlich weniger ein Tempel aus dem 17. Jahrhundert als eine 6 Hektar große Anlage mit zwölf hohen Purams (Gedichte und Geschichten über Kriege, Könige, Poeten) und mit einer verblüffenden Sammlung von Göttern, Göttinnen, Dämonen und Helden geschmückt. Der Legende nach kam die wunderschöne Meenakshi (eine Version Parvatis, Shivas Gemahlin) mit drei Brüsten und der Aussicht darauf zur Welt, dass ihre dritte Brust schmelzen würde sobald sie ihren Ehemann finde.  Dies trat ein, als sie Shiva begegnete und seine Gattin wurde.

Hindus Glauben an Brahman von dem aus alles geht und dorthin zurückkehrt was existiert und nun Ersatz und unerschaffen und unendlich ist. Es gibt eine Vielzahl von Götter und Göttinnen. Hindus glauben, dass das irdische Leben ein Kreislauf ist. Man wird immer wiedergeboren was als Samsara bezeichnet wird. Es hängt vom Karma ab, vom Verhalten des  jeweils früheren Lebens, als was man wiedergeboren wird. Wer rechtschaffen lebt und seine Dharma (Moralkodex) erfüllt, verbessert die Chancen  in eine höhere Kaste und damit in ein besseres Leben hinein geboren zu werden.

Es gibt eine Vielzahl von Göttern. Diese Gottheiten werden als Erscheinungsformen von Brahman angesehen, der sich in der Gestalt der Trimurti der drei Hauptgottheiten - Brahma, Vishnu und Shiva,
erkennen gibt.

Brahman:
Das Eine, die endgültige Wirklichkeit, Brahmn ist formlos, ewig und die Qulle allen Lebens. Brahman ist niguna (eigenschaftslos) im Gegensatz zu allen anderen  Göttern und Göttinnen, die Erscheinungformen von Brahman sind und deshalb als saguna (mit Eigenschaften versehen) gelten.

Brahma:
Braha spielt nur während der Erschaffung ds Univrsums eine aktiv Rolle, Ansonsten meditiert er. Seine Gemahlin ist Saraswati, die Göttin der Gelehrsamkeit, und sein Reittier ist ein Schwan. Manche Darstellungen zeigen ihn auf einer Lotusblume sitzend, die aus Vishnus Nabel emporsteigt - ein Symbol für die wechselseitige Abhängigkeit der Götter. Brahma wird im Allgemeinen mit vier Köpfen dargestellt (bekrönt und bärtig), von denen jede in eine andere Himmelsrichtung blickt.

Vishnu:
Vishnu, der Bewahrer oder Erhalter, ist mit "rechtem Handeln" verbunden. Er beschützt und bewahrt alles Gute in der Welt Er ist meist vierarmig dargestellt, in den Händen hält er eine Lotusblüte, eine Muschel, eine Diskus und eine Keule. Seine Gemahlin ist Lakshmi, die Göttin des Reichtums, und sein Reittier Garuda, eine Kreatur halb Vogel, halb Mensch. Aus seinen Füssen, so heist es, entströmt der Ganges.

Shiva:
Shiva ist der Zerstörer um die Erlösung willen, ohne den die Schöpfung nicht möglich wäre. Shivas Schöpferkraf wird vesinnbildlicht durch ein Phallussymbol, den Lingam. Shiva hat 1008 Namen und tritt in vielen Gestalten auf, etwa als Nataraja, König des tandava (des kosmischen Siegestanzes), der Schöpfung und Zerstörung des Kosmos abschreitet.
Manchmal ist Shiva mit Schlangen um den Hals und einem Dreizack (Symbol für Trimurti) als Waffe abgebildet, während er auf seinem Bullen Nandi reitet. Nandi symbolisiert Macht und Stärke, Gerechtigkeit und die moralische Ordnung. Auch Shivas Gefährtin Parvati  kann verschiedene Gestalten annehmen (z. B. als Meenakshi, wie ich gleich noch erläutere).

Der Tempel in Madurai, den ich nun besuche, ist wunderschön bunt. Tausende von Säulen, Götter, Göttinnen und deren Altäre, vor denen Pujas (Ehrdarbietungen) abgehalten werden, füllen die Hallen. Leider kann man als Nicht- Hindu den inneren Tempel mit Shiva und Meenakshi Statue nicht besichtigen. Generell gelten in Indien strenge Richtlinien was Tempel, Rituale und Kleiderordnungen sowie Geschlechtertrennung  (Gleichberechtigung) betrifft,  was für mich eine echte Herausforderung darstellt, da ich sogar für westliche Verhältnisse eine für so manche zu offenherzige Haltung habe und mich auch dementsprechend kleide und verhalte - ich nehme gerne Menschen in den Arm, was hierzulande voellig unueblich ist. Keine Beruehrungen, keine öffentliche Liebesbekenntnisse
(wie z. B. küssende Päärchen). Das macht mich echt traurig.

Jedoch ist sowohl Indien an sich, als auch die großartigen alten Tempel wahrscheinlich mehr als ein Besuch wert. Alles erscheint hier so gegensätzlich: von dreckig bis hygienisch sauber, von grausamer Gewalt an Frauen bis heiligen Gurus und grösster Spiritualität, über wahnsinnigem Höllenlärm zur unendlichen Stille in der Natur oder in Tempeln, immense Armut und unglaublichem Reichtum ist hier alles vorhanden.

Meenakshitempel in Madurai





Pink Lotus

Südseite Meenakshitempel mit Darstellung heiliger Kühe,
die hier überall kreuz und quer auf Strassen herumlaufen

Eigentlich war mein Plan (der sich beinahe täglich ändert), nach Madurai in ein Shivananda  Ashram oder direkt nach Mysore zu fahren. Was ich aber erst später mache. Eine Reisende hat mir erzählt, dass sie nach Coimbatore fährt und sich eine riesige Shivastatue anschauen möchte. Das hat mich neugierig gemacht, daher habe ich das ganze gegoogelt und bin auf Isha Yoga Ashram gestossen. Das für mich faszinerende daran war, dass ich momentan viele YouTube Videos über Sadhguru anschaue, weil mich dieser Mann und Guru und das, was er den Menschen mitteilt, seine Mission, sehr anspricht (Beispiel: Unterschied Mann und Frau),  und genau dieser welcher, (Jaggi Vasudev oder Sadhguru) der sowohl Begründer dieses Ashrams ist, als auch "Schöpfer" dieser gigantischen Shivastatue (AdiYogi, der 1. Yogi der Welt) in Coimbatore ist. Wer den o. g. Link anklickt, kann näheres über diesen Ashram und sein Institute of inner Science anschauen. Jedenfalls wurde ich von diesen Ort magisch angezogen, so dass klar war, dass das kein Zufall war mit dem Tipp und ich mir das ganze von Nahem ansehen werde.

Es war unglaublich beeindruckend und die Tage in Coimbattore gingen rum wie im Flug. Von Madurai aus, hab ich gleich nach der Tempelbesichtigung ein öffentlichen Bus nach Coimbattore genommen, der 5 Stunden unterwegs war. für gerade mal 250 km, was völlig normal ist. Ich hatte aber noch keine Unterkunft und da wir abends ankamen und ich nicht unbedingt im Dunkeln herumirren wollte, habe ich eine Frau angesprochen, ob sie mir einen Hoteltipp hat. Sie war so freundlich, dass sie mich solange begleitet hat, bis ich ein Hotel gefunden habe. Man ist hierzulande sehr hilfsbereit, was ich von Anfang an sehr geschätzt habe. Am nächsten morgen bin ich also mit einem weiteren Bus in das ca. 30 km entfernte Isha Yoga Ashram gefahren.
Eigentlich wollte ich im Vorfeld ein Zimmer im Ashram selbst buchen, was sich aber als sehr schwiegrig erwiesen hat, da man sich vorher registrieren musste mit vielen persönlichen Fragen, und man ein Zimmer eigentlich mindestens 14 Tage vorher buchen muss um überhaupt eines zu bekommen. Und das hatte ich auch versucht, aber es war alles belegt so dass ich nur eine
Absage erhielt.
Vorort bin ich dann aber voller Überzeugung einfach in den Ashram eingetreten um mich zu erkundigen, ob vielleicht nicht doch die Chance auf ein Bett besteht. Und da ich ein Glückskind bin, habe ich dann tatsächlich eines in einem Dormroom (Mehrbettzimmer) bekommen, dass ich dann für eine Nacht sogar für mich hatte. Für ein bisschen mehr wie 10 Euro habe ich dann fuer 2 Tage und Nächte ein Bett, 2 Mal essen am Tag, Tempelrituale und Yoga bekommen. Es war unglaublich schön, einfach nur die Athmosphäre dort zu erleben, und am täglichen Ashram Leben teilzunehmen:

Ich bin dann morgens um 5 Uhr aufgestanden und habe mit vielen anderen zusammen meditiert und Yoga  Asanas  (Körperübungen) und Pranayamas (Atemübungen) praktiziert. Interessanter Weise hat das jeder für sich getan, da man davon ausgeht, das die Personen, die im Ashram wohnen auch das sogenannte  Inner Engeneering, (ein Kurs über eine Anleitung für inneres Wachstum und Transformation siehe YouTube Video), durchlaufen haben. Dieses Programm wird weltweit angboten. z. B. gestern in Berlin.
Nach dem ich mich durch das Yoga wie neugeboren fühle nehme ich ein Bad im so genannten Chandra Kund, ein wundervolles energetisierendes Bad. Das Becken besteht aus Kupferelementen und einem Linga aus festem Quecksilber, in mitten des Beckens, mit einem Wasserfall am Ende. Das Baden gibt einem ein absolutes Reinigungsgefühl, aber es macht auch empfänglicher für spirituelle Dinge.  Danach nehme ich an  Nada Aradhana teil, eine mit Klangschalen und Engelsgesängen gefüllte Meditation im Dhyanalinga, dem Kuppeltempel der aus reinen Natur-Rohmaterialien erbaut wurde und in dessen Mitte sich ein grosser Linga (Säule oder auch Phallusymbol, s. o. Link) befindet, welche Shiva mit seiner transformativen Schöpferkraft darstellt. Alleine nur der Aufenthalt in diesem Kuppeltempel  wo sich die Klänge auf göttliche Art und Weise entfalten, erfährt man eine ganz besondere Art von stimmungsvoller Meditation. Selbst wenn man noch nie meditert hat, und sich hier in Stille einfach nur hinsetzt und lauscht, bekommt man Gänsehaut und transfomiert ohne Anstrengung in einen meditativen Zustand. 

Anschliessend habe ich Lust auf Früchte und Tee und spreche mit den Leuten hier. Wunderschöne Menschen begegne ich hier, die mit jedem Gespräch eine neue Erfahrung und Licht in mein Leben bringen. Dann wird erst mal  ausführlich gebruncht, in einer extra Halle wird köstliches indisches Essen aus verschiedenen Stahleimern gereicht.
Was in Indien traditionell gehandhabt wird und in unserer Kultur als "unzivilisiert " angesehen wird, wird hier für mich zur freudvollen "Sitte", - mit den Händen essen! Obwohl ein Kleinkind oder Baby das von Natur aus so macht, was wir ihnen verbieten und sie umerziehen zum Essen mit Messer und Gabel, wird hier ganz ohne Besteck gegessen, und das auch noch NUR mit der rechten Hand (Da die Linke für andere Dinge verwendet wird, für die wir wiederum Toilettenpapier verwenden).  🤔

Nach dem Essen gibt es eine weitere Zeremonie ein Puja im Linga Bhairavi, ein Tempel in der sich eine Form befindet, die das göttlich weibliche ausdrückt und die Shakti, die weibliche Urkraft des Universums darstellt. Hier kann man das volle Ritual  miterleben, wie ein Puja abläuft, wie Gaben geopfert werden, gesungen wird und am Ende erhält jeder einen schutzvollen Segen in Form des berühmten roten Punktes auf der Stirn, oberhalb und zwischen den Augenbrauen, das sogenannte Tika oder Bindi das Kraft geben soll und das sogenannte "3. Auge", das 6. Chakra, der Zugang von Weisheit und Intuition. 
Am Abend gibt es dann noch einen Dharshan, bei dem ein Guru, in dem Fall Sadhguru auf Video ein paar weiße Worte spricht. Es werden Mantren gechantet und die Athmosphäre gibt einem ein totales Gefühl von Liebe und unendlichem Frieden.

 Die ganze Zeit hier war ein Segen und ich will hier unbedingt wieder zurück. 
Doch nun ist Zeit nach Mysore weiter zu ziehen....

 

Eingangstor zum Isha Yoga Zentrum


Der beindruckende AdiYogi Shiva


Dhyanalinga Tempel





Leckere vegetarische Gerichte 




Im Ashram selbst und im Tempel dürfen keine Fotos gemacht werden, desalb von diesem wundervollen Ort nur einige Wenige. 
Als nächstes die Bilder  der Fahrt über die Berge an Ooty vorbei nach Mysore mit seinem beeindruckenden Palast, den vielen kleinen Tempeln und Bilder mit der attraktiven interessanten Yogalehrerin und Life Coach Marianne. Und meinem lieben Couchsurfer Ala Ali. 







Palast in Mysore











GANESHA, Gott des Glücks




Auf dem Devaraja Markt




Chamundi Hill mit 
Seinem Sri-Chamundeswari-Tempel




Im Vorfeld habe ich nach Couchsurfen in Mysore geschaut, und die liebe Meenu gefunden,  die mich herzlich empfangen und bekocht hat. Sie hat ein schönes großes Haus und ich bekomme bei ihr sogar ein eigenes Zimmer.  Wir haben uns sehr gut verstanden und uns unsere Lebensgeschichten erzählt.
Das man sich so gut versteht und mag ist zwar nicht immer so, aber hier in Indien ist Couchsurfen richtig toll und ich habe bis jetzt nur ganz wundervolle Erfahrungen gemacht und wurde mehr als angenehm überrascht von der Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Couchsurfer hier. Es ist eigentlich eine schöne Art so zu reisen und so neue Freundschaften aus aller Welt zu schließen. Aber es gehört natürlich dazu, das man vollkommen aufgeschlossen ist,  und nichts erwartet. Weder eine große Couch oder Bett, noch ein eigenes Zimmer. Dann lernt man nicht nur viel über Menschen und Kulturen kennen sondern auch viele faszinierende Lebensgeschichten und Lebensarten.

Ein weiterer Couchsurfer namens Ala aus Jordanien, hat mir von sich aus sein Zuhause angboten.  Da ich sonst immer auf gute Referenzen achte, die auf der Couchsurfing.com Seite der Leute zu finden ist, habe ich mich mal ein bisschen aus dem Fenster gelehnt und habe mich mit Ala einfach erst mal auf einem öffentlichen Platz getroffen, da er nur 2 Referenzen hatte. Obwohl mir die Arabische Kultur nicht so zusagt wollte ich einfach eine neue Erfahrung machen, und mir selbst beweisen, das nicht alle gleich sind und ich momentan sowieso nur tolle Menschen in mein Leben ziehe, und dass es auch gute respektvolle arabische Männer gibt. Und ich wurde belohnt. Ala ist vielleicht
auch, wie so viele Couchsurfer, anders wie Andere. Er lässt mich in seinem Zimmer tun und walten wie ich will und ohne auch nur eine geringe Gegenleistung, ausser Respekt zu erwarten. Er kocht  für mich, macht mit mir Ausflüge und teilt alles mit mir. 
Zur gleichen Zeit kommt auch noch eine 2. Couchsurferin,  Devi, eine süße Inderin dazu, und wir machen einen spontanen Ausflug nach Coorg mit Rafting, Ziplining Jungelwanderung und Bonfire. Auf dem Ausflug, sind Leute aus 17 verschiedenen Ländern vertreten, ausser Deutsche sind viele Afrikaner, die alle, wie auch Ala, in Mysore studieren, da es da um einiges billiger ist.
Der Ausflug war sehr touristisch aufgemacht und eher ein Flop.  Aber zumindest weiss ich jetzt, dass ich nach wie vor doch meine  Unternehmungen selbst buche und organisiere. 

Mysore ist eigentlich ein bisschen eine Yoga Hauptstadt. Wegen dem ich auch hier bin. Gleich am 1. Tag habe ich Marianne aus Australien kennen gelernt, die Yogalehrerin und Life Coach (www.marianne-oneill.com) und eine lifestyle und langzeit Reisende ist.
Sie hat mir 2 Personal Yogastunde gegeben und mir sehr viel Mut gemacht. Wie man so schön sagt, waren wir voll auf einer Wellenlänge  und haben total ähnliche Lebenseinstellungen. Das sind die Begegnungen,  die man anzieht und nie vergisst und die einen im Leben total weiter bringen.
































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